LocalZero:Methoden für Klimaentscheide
Klimaentscheid-Teams nutzen Instrumente der direkten Demokratie, um ihre(n) Stadt/Landkreis/etc. auf den Weg Richtung Klimaneutralität bis 2030 oder 2035 zu bringen. Jedes Bundesland hat andere Regelungen und jede Kommune hat eine andere klimapolitische Situation, sodass das politische Instrument immer individuell ausgesucht werden sollte.
Die meisten Erfahrungen und rechtliche Expertise existieren aktuell mit Bürgerentscheiden, doch auch für die anderen hier aufgeführten Methoden können schon Informationen und kompetente Ansprechpartner gefunden werden.
Diese Übersicht dient u.a. auch der Begriffsklarheit, da z.B. die Bedeutung des Begriff "Volksinitiative" von Bundesland zu Bundesland variiert.
Übersicht der formellen Verfahren auf kommunaler Ebene
Diese Tabelle versucht die unterschiedlichen Regelungen auf kommunaler bzw. Landkreisebene zusammenfassend vergleichbar zu machen. Nicht alle Punkte (bspw. die Themenausschlüsse) gelten jeweils für alle Bundesländer.
Einwohnerantrag (Bürgerantrag in BY, HB) | Bürgerbegehren | |
---|---|---|
Definition | Unterschriftensammlung für Antrag auf Beschäftigung mit Thema im Gemeinderat oder zuständigen Ausschuss | Unterschriftensammlung für Antrag auf einen Bürgerentscheid, mit dem eine Entscheidung herbeigeführt werden kann, die gleichwertig zu einem Ratsbeschluss ist |
Stufigkeit | 1 | 2, (3 in BE, HB, TH) |
Quorum | 1-5% (in SA 10%) der Einwohner ab 14/16 Jahren | 2-10% der Wahlberechtigen (wie bei Kommunalwahl) |
Verbindlichkeit | Nein in BW, BY, MV, NI, SN, ST.
Entscheidungsherbeiführung in BE, BB, HB, NRW, RP, SL, SH, TH. |
ja |
Themenausschluss | Aufgaben außerhalb kommunaler Selbstverwaltung, Aufgaben des Bürgermeisters.
Themen, die innerhalb des letzten Jahr durch einen Einwohnerantrag behandelt worden sind Ratsbeschlüsse können teilweise nur innerhalb von 3 Monaten nach Veröffentlichung behandelt werden. |
Haushalt, Personal, Abgaben, Verwaltungsorganisation, Aufgaben des Bürgermeisters.
Themen, zu denen es innerhalb der letzten 1-3 Jahre einen Bürgerentscheid gegeben hat. Ratsbeschlüsse können nur innerhalb von 3 Monaten nach Veröffentlichung angefochten werden (kassierendes Bürgerbegehren). |
Fristen | 3 Monate bis unbegrenzt bei initiierendem Bürgerbegehren
8 Wochen bis 3 Monate bei kassierendem Bürgerbegehren | |
Wirkungskreis | Kommune, Landkreis (außer BW), Bezirk in BE
Bürgerantrag In BY, HB als Nicht verfügbar in HH, HE |
Kommune, Landkreis (außer BW und HE), Bezirk in HH, BE |
Eingesetzt z.B. in | Klimaentscheid Schorndorf | Klimaentscheid Bayreuth, Klimaentscheid Göttingen |
Übersicht der formellen Verfahren auf Landesebene
Diese Tabelle versucht die unterschiedlichen Regelungen auf Landesebene zusammenfassend vergleichbar zu machen. Nicht alle Punkte (bspw. die Themenausschlüsse) gelten jeweils für alle Bundesländer.
Volksinititiative (Bürgerantrag, Volkspetition) | Antrag auf Volksbegehren (Volksantrag, Volksinitiative) | |
---|---|---|
Definition | Unterschriftensammlung für Antrag auf Beschäftigung mit Thema im Landesparlament | Unterschriftensammlung mit eigenem Gesetzesentwurf als Beginn der Volksgesetzgebung, die gleichwertig zu einem Parlamentsbeschluss ist |
Stufigkeit | 1 | 3 (Volksentscheid letzte Instanz) |
Quorum | 10.000 – 100.000 | 3.000 – 25.000 |
Verbindlichkeit | nein | ja |
Themenausschluss | Keine (7 BL), Finanzen, Abgaben, Besoldung (3 BL) | Haushalt, Finanzen, Abgaben, Besoldung (in allen BL), in HE und SL Verfassungsänderungen |
Fristen | 6 Monate bis unbegrenzt | 6 Monate bis unbegrenzt (6 Wochen in TH) |
Wirkungskreis | Als Bürgerantrag in HB, TH
Als Volkspetition In HH Wenn das Thema ein Gesetzesentwurf ist, auch zur Einleitung eines Volksbegehrens nutzbar in RP und SN Nicht verfügbar in BW, BY, BB, HE, SN und SL |
Als Volksantrag In BW, SA
Als Volksinitiative In BB, HH, SH, MV, RP und SN Auch Korrekturbegehren möglich in HH |
Eingesetzt z.B. in | Klimaneustart Berlin |
Übersicht der informellen Verfahren
Neben den vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten formellen Mitteln der direkten Demokratie gibt es noch etliche weitere Verfahren der politischen Einflussnahme, die v.a. darauf hinauslaufen, Gespräche mit Lokalpolitiker*innen zu führen und öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen. Teilweise können diese auch parallel mit formellen Verfahren eingesetzt werden.
Ratsantrag | Resolution | (Online-)Petition | Öffentlichkeitswirksame Aktionen | |
---|---|---|---|---|
Definition | Ein Ratsmitglied bringt für den Klimaentscheid einen Antrag/Beschlussvorlage ein | Aufforderung des Stadtrats, bestimmte Positionen zu übernehmen | Informelle Sammlung von Unterschriften, die z.B. gemeinsam mit Resolution oder Ratsantrag übergeben werden | |
To Do für KE | Gespräche mit Fraktionen/Gemeindevertreter*innen, um den Antrag einzubringen und optimalerweise schon vor der Abstimmung eine Mehrheit zu organisieren | Ausarbeitung eines konkreten Forderungkatalogs, der öffentlichkeitswirksam überreicht werden kann | Ausarbeitung einer konkreten Forderung mit Begründung und Adressat*innen, die online oder auf der Straße unterschrieben werden kann | |
Dauer | individuell | wenige Monate | wenige Monate | |
Verbindlichkeit | Nein, Entscheidungsherbeiführung | Nein | Nein | |
Themenausschluss | Nein | Nein | Nein | |
Wirkungskreis | Ratsmitglieder | Ratsmitglieder | Ratsmitglieder über Bürger*innenschaft | |
Eingesetzt z.B. in | Klimaentscheid Münster | Klimapositiv Konstanz (FFF unterstützend) | Klimaentscheid Halle (Saale) |
Vergleich ausgewählter Verfahren
Neben den formellen Regeln gibt es eine Reihe weiterer Gründe, die für oder wider ein Verfahren sprechen können. Die Einschätzungen der Wirksamkeit der Einflussnahme sind subjektiv und von Hauke Schmülling basierend auf den bisherigen Erfahrungen getroffen worden.
Einwohnerantrag | Bürgerbegehren | informelle Verfahren | |
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Verbindlichkeit | Nein oder Entscheidungsherbeiführung | Ja | Nein, eventuell Entscheidungsherbeiführung |
Themenausschluss | Ja, aber meist höhere Themenzugängigkeit als Bürgerbegehren | Ja, v.a. Risiko der Einstufung als kassatorisches Bürgerbegehren | Nein |
Politischer Einfluss im Vergleich | Mittel | Hoch | Gering bis Hoch |
Einfluss auf "Stadtgespräch" | Gering | Mittel | Gering bis Hoch |
Organisatorischer Aufwand für das Team | Mittel | Hoch | Gering bis Hoch |
Zeitlicher Aufwand für das Team | Gering bis Mittel | Mittel bis Hoch | Gering bis Mittel |
Weitere Vorteile | Bürger*innenbeteiligung, klare Regelung | Bürger*innenbeteiligung, klare Regelung, oft schon Vorbildverfahren vor Ort | Ist komplett auf die Situation vor Ort anpassbar, meistens schneller, konkretere Entscheidungen forderbar |
Weitere Nachteile | Einige Leute mit Ausdauer benötigt, Corona | Viele Leute mit Ausdauer benötigt, Corona | Verhandlungsgeschick benötigt |
Empfehlung zum Einsatz | Bürgerbeteiligung mit geringerem Aufwand kann guter Kompromiss zwischen Team und Gemeinderat sein, wenn ein vertrauensvolles Gesprächsklima herrscht. | Sollte als erste Option geprüft werden, da es das schärfste Schwert der direkten Demokratie ist | Sehr gut als Ergänzung der anderen Methoden geeignet oder wenn formelle Verfahren für Forderung nach Klimaneutralität als nicht zulässig eingestuft werden. |