LocalZero:Abstimmungsfrage Bürgerbegehren: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 14. Juli 2021, 10:26 Uhr
In Ihrer Kampagne ist die Abstimmungsfrage Ihres Bürgerbegehrens das A und O: Sie steht auf der Unterschriftenliste, mit dem ihr eure Mitbürger*innen mobilisieren, und sie muss den rechtlichen Anforderungen eines Bürgerbegehrens in Ihrem Bundesland genügen. Zur Abstimmungsfrage selbst gehört immer auch eine Begründung, die ebenfalls auf der Unterschriftenliste stehen muss.
Musterabstimmungsfrage Klimaentscheid
GermanZero schlägt euch folgende Formulierung für die Abstimmungsfrage und die zugehörige Begründung vor, die nach Beratung durch Mehr Demokratie e.V. und den Fachanwalt für Verwaltungsrecht Robert Hotstegs bundesweit einsatzfähig ist:
„Sind Sie dafür, dass die Stadt XY unverzüglich ein Planungsbüro beauftragt, das innerhalb eines Jahres einen Klimaaktionsplan zur Klimaneutralität bis 203X [2030 oder 2035] in XY erstellt?“
Begründung:
„Die heutige Gesellschaft steht in der Verantwortung, künftigen Generationen eine nachhaltige Lebensgrundlage zu hinterlassen. Die menschgemachte Erderwärmung bedroht diese und Deutschland hat 2015 im Übereinkommen von Paris zugesagt, Anstrengungen zu unternehmen, „um den Temperaturanstieg auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“ (Art. 2 a)). Auch XY soll seinen Beitrag leisten und daher bis 203X [2030 oder 2035] klimaneutral werden. Gleichzeitig wird XY mit erneuerbaren Energien, zukunftsfähiger Bausubstanz, fossilfreier Mobilität und ausgedehnten Grünschneisen lebenswerter und attraktiver.
Die Stadt XY hat bereits… [jeweils individuelle Einordnung der aktuellen Beschlusslage der Stadt]. Da die bisherigen Anstrengungen jedoch nicht ausreichen, um die Klimaneutralität 203X zu erreichen, soll ein Klimaaktionsplan durch ein Planungsbüro erstellt werden.
Im Klimaaktionsplan muss neben einem aktuellen Szenario ohne klimapolitische Maßnahmen (Trendszenario) auch ein Klimaneutralitätsszenario mit den erforderlichen Maßnahmen enthalten sein, deren Umsetzung XY bis 203X zur Klimaneutralität führen würde. Der Klimaaktionsplan muss im Klimaneutralitätsszenario 203X eindeutig die jährlichen Kosten und den Personalbedarf für die Planung und Umsetzung der dafür notwendigen Maßnahmen in den Sektoren Private Haushalte, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen (GHD), Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und CO2-Entzug abschätzen. Für jedes Jahr ab 2018 sind der Endenergiebedarf und dieTreibhausgas-Emissionen in diesen Sektoren aufzustellen bzw. zu projizieren, sodass 203X unter Einbezug der regionalen Treibhausgas-Senken in einer Quellen-Senken-Bilanz netto null Treibhausgas-Emissionen in XY emittiert werden. Für einen qualifizierten Klimaaktionsplan muss das beauftragte Planungsbüro bereits kommunale oder regionale Klimaschutzkonzepte in Hinblick auf Klimaneutralität, Erneuerbare-Energien-Potentialanalysen und nach BISKO-Standard (Bilanzierungs-Systematik Kommunal) erstellt haben. Die Kosten für die Erstellung sollten [3€ pro EW bei<50.000EW / 2€ pro EW bei <100.000 EW / 200.000 € bei >100.000 EW] nicht überschreiten.“
Bitte diskutiert in eurem Team, ob ihr diese Abstimmungsfrage verwenden oder einen alternativen Ansatz wählen möchtet.
FAQs/ Häufig gestellte Fragen zur Abstimmungsfrage
Warum wird in der Abstimmungsfrage nicht auch gleich die Umsetzung des Klimaaktionsplans gefordert?
Die Umsetzung eines noch nicht bestehenden Klimaaktionsplans zu fordern, führt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu juristischer Unzulässigkeit der Abstimmungsfrage. Ist der Aktionsplan jedoch erst einmal durch die Stadt erstellt, wird er zwangsläufig dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorgelegt. Für den Fall, dass er dann nicht beschlossen oder verwässert würde, könnte dagegen dann ein zweites Bürgerbegehren ergriffen werden, das die uneingeschränkte und verbindliche Umsetzung des dann schon sehr konkret ausgearbeiteten Aktionsplans (ggf. auch in verschärfter Form) zum Ziel hat. Das würde dann wesentlich weniger rechtliche Schwierigkeiten bereiten, weil die prinzipielle Rechtsverträglichkeit eines von der Stadt selbst im Detail ausgearbeiteten Plans vorausgesetzt werden kann.
In unserer Stadt/ Gemeinde gibt es bereits einen Beschluss für Klimaneutralität bis 2050. Können wir trotzdem obige Abstimmungsfrage für einen Klimaentscheid verwenden?
Jein.
Nach der Einschätzung von Edgar Wunder vom Frühjahr 2020 ist unsere Frage auch in Kommunen, die schon Klimaschutzkonzepte haben, zulässig. Denn die Erstellung/Beauftragung eines neuen Klimaschutzkonzepts mit ambitionierterem Ziel sei kein Widerspruch.
Diese Aussage können wir heute nicht mehr zweifellos tätigen, da die Standardfrage zuweilen als kassierend eingeschätzt wurde. Nichtsdestotrotz bleibt jede Prüfung individuell und von den kommunalen Vorbedingungen abhängig, sodass ein bestehender Klimaschutzplan auch nicht zwangsläufig zur kassierenden Einschätzung führt. Die Standardabstimmungsfrage kann also immer als erster Aufschlag verwendet werden und muss dann ggf. an die kommunale Situation in Absprache mit der Verwaltung angepasst werden.
Unsere Stadt/ Gemeinde hat bereits einen Beschluss für Klimaneutralität bis 2035. Können wir einen Klimaentscheid für 2030 starten?
Aus klimawissenschaftlicher Sicht gilt natürlich: Je früher Klimaneutralität erreicht wird, desto besser. Jedoch ist auch die politische Dynamik zu berücksichtigen. Und da kann es zielführender sein, eure Energie und Ressourcen dafür einzusetzen, eure Stadt/ Gemeinde bei der Umsetzung des bereits verabschiedeten Ziels Klimaneutralität 2035 zu unterstützen und sicherzustellen, dass es eingehalten wird.
Können wir auch einen Klimaentscheid mit Zieljahr 2040 machen?
Nein. GermanZero unterstützt ausschließlich Klimaentscheid-Teams, die als Zieljahr für die Klimaneutralität spätestens 2035 fordern.
Warum sollen Endenergiebedarf und die Treibhausgas-Emissionen ab dem Jahr 2018 ermittelt werden?
Das Jahr 2018 ist bewusst gewählt. Wir fordern, Bilanzen ab 2018 aufzustellen, damit man von einem realistischen Ist-Stand ausgehen kann. Denn oft gibt es eine Energie- und Treibhausgasbilanz nur aus deutlich früheren Jahren. In dem Fall muss die Erstellung einer aktuellen Basisbilanz genau Teil des Klima-Aktionsplans sein. Wir wissen sogar ziemlich genau, dass es die für die meisten Kommunen noch nicht gibt – aber dass die Datensätze für 2018 (oder eventuell auch 2019) auf jeden Fall erhebbar wären, damit auch nicht unzulässig. Interessant ist das zudem auch, da wir im Klimastadtplan als Referenzjahr auch 2018 verwenden.
Warum eigentlich die Forderung nach einem Planungsbüro?
Das Planungsbüro kam im Zuge der Überarbeitung mit Rechtsanwalt Hotstegs rein. Denn unsere ursprüngliche Frage – die genau nur die Erstellung forderte – war u.a. vom Wahlamt Essen als „zu unkonkret“ zurückgewiesen worden. Daher haben wir versucht, so klar wie möglich zu formulieren, wie diese Planerstellung erfolgen kann. Und da nicht jede Verwaltung über die Kapazität und Kompetenz verfügt, so einen Klima-Aktionsplan zu erstellen, haben wir als Musterweg das Planungsbüro genommen. Zudem wird dadurch der erste Zeitraum bis zur Entscheidung variabel und damit zulässig gehalten, aber die Erstellung kann sehr klar terminiert und finanziell bemessen werden.
Wenn ihr dennoch denkt, dass auch eure Verwaltung dazu in der Lage ist, müsst ihr auch nicht explizit das Planungsbüro fordern. Gerade in Bayern sind die Bedingungen für BB ja sehr gut und der Konkretheitsanspruch vielleicht nicht so hoch. Unsere Fragestellung wurde ja mit der Maßgabe entwickelt, dass sie unabhängig vom Bundesland, Stadtgröße oder vorliegender Kompetenz nutzbar ist, daher ist eine Anpassung natürlich möglich!
Wir wollen die Begründung etwas anpassen. Kann GermanZero die rechtliche Zulässigkeit unserer Anpassung prüfen?
GermanZero kann keine rechtliche Prüfung vornehmen. Aber es ist jederzeit möglich, eine strategische Beratung zu machen, die eure Möglichkeiten einsortiert. Wendet euch dafür mit dem konkreten Background, eurem Ziel und der Problematik an Hauke.
Vertreter*innen der Stadt/Gemeinde meinen, Klimaneutralität bis 2030 oder 2035 sei unmöglich. Was nun?
Davon solltet ihr euch nicht entmutigen lassen. Häufig bedeutet ein "Es ist nicht möglich" in Wahrheit "Wir wollen nicht". Corona hat gezeigt, was für gigantische gesellschaftspolitische Entwicklungen möglich sind, wenn etwas "muss". Die Frage ist, ob der gesellschaftliche und politische Wille da ist. Und genau den soll ein Klimaentscheid herbeiführen. Es gibt bereits viele andere Städte und Kommunen, die Klimaneutralität bis 2030 oder 2035 anstreben. Zuletzt sei noch auf einen Ausspruch von Klaus Töpfer verwiesen: "Die Aufgabe von Politik ist, das Notwendige möglich zu machen."
Kann eine Stadt/Gemeinde überhaupt aus eigener Kraft klimaneutral werden?
Klimaneutralität ist immer ein übergreifendes Projekt und endet nicht an den Grenzen der Kommune. Das heißt, auch mit den Nachbargemeinden oder dem Landkreis müssen Kooperationen eingegangen werden, aber das ist Teil der Möglichkeit, aus eigener Kraft klimaneutral zu werden.
Beratung zur Abstimmungsfrage
Es ist jederzeit möglich, eine strategische Beratung zu machen, die eure Möglichkeiten einsortiert. Wendet euch dafür mit dem konkreten Background, eurem Ziel und der Problematik an Hauke oder direkt an Teams, die schon eine ähnliche Situation hatten.
Einen Überblick, wie die Standard-Abstimmungsfrage entstanden ist und wie 6 Klimaentscheid-Fälle einzuordnen sind, hat Hauke am 05.07.21 per Zoom gegeben:
Aufzeichnung von Meeting: https://us02web.zoom.us/rec/share/bp8OsnIixh7o88J_nGiCq2-r-0cwRiLXh67otPK304AJAyiwnUxLVuqnRujmcaJQ.3cZS-em7J3PIMBMV
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