LocalZero:Rechtliche Grundlagen Bürgerbegehren: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Mitmachen
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
(Wichtige Begrifflichkeiten aufgeführt und erklärt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:21-05-05 Schema Bürgerbegehren.png|mini|Schematischer Ablauf Bürgerbegehren und Bürgerentscheid]]
[[Datei:21-05-05 Schema Bürgerbegehren.png|mini|Schematischer Ablauf Bürgerbegehren und Bürgerentscheid]]
Das Bürgergehren ist das verbindlichste Instrument der direkten Demokratie Deutschlands auf kommunaler und Kreisebene. Als Antrag des Bürgerentscheids stellt es ein zweistufiges Verfahren dar, bei dem die Entscheidungshoheit bei der Bürgerschaft liegt. Bürgerbegehren existieren in allen Bundesländern, jedoch mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen.
Das Bürgergehren ist das verbindlichste Instrument der direkten Demokratie Deutschlands auf kommunaler und Kreisebene. Als Antrag des Bürgerentscheids stellt es ein zweistufiges Verfahren dar, bei dem die Entscheidungshoheit bei der Bürgerschaft liegt. Bürgerbegehren existieren in allen Bundesländern, jedoch mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen.
Kurze Einführung: was ist ein BB, wo kann es eingesetzt werden, Vorteile/Nachteile ggü anderen Instrumenten der direkten Demokratie, überall anders
== Grundsätzliches Prinzip ==
== Grundsätzliches Prinzip ==
Beim Bürgerbegehren wird mittels Unterschriftensammlung ein Antrag auf einen Bürgerentscheid zu einer bestimmten Sachfrage gestellt. Nicht jedes Thema ist zulässig und teilweise muss eine Kostenschätzung und/oder Kostenvoranschlag eingeholt werden. Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wird (meist durch das Rechtsamt) nach Einreichung der erforderlichen Unterschriften geprüft, in manchen Bundesländern gibt es jedoch auch die Möglichkeit der inhaltlichen Vorabprüfung und/oder Beratungsanspruch durch die Verwaltung. Wurde das Bürgerbegehren für zulässig erklärt, hat der Gemeinderat die Option, es anzunehmen und umzusetzen. Wenn er dies nicht tut, kommt es zum von der Kommune organisierten Bürgerentscheid, bei dem alle wahlberechtigten Bürger*innen über die Sachfrage abstimmen. Das Ergebnis der Abstimmung ist einem Ratsbeschluss gleichwertig.
Beim Bürgerbegehren wird mittels Unterschriftensammlung ein Antrag auf einen Bürgerentscheid zu einer bestimmten Sachfrage gestellt. Nicht jedes Thema ist zulässig und teilweise muss eine Kostenschätzung und/oder Kostenvoranschlag eingeholt werden. Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wird (meist durch das Rechtsamt) nach Einreichung der erforderlichen Unterschriften geprüft, in manchen Bundesländern gibt es jedoch auch die Möglichkeit der inhaltlichen (materiellen) Vorabprüfung und/oder Beratungsanspruch durch die Verwaltung. Wurde das Bürgerbegehren für zulässig erklärt, hat der Gemeinderat die Option, es anzunehmen und umzusetzen. Wenn er dies nicht tut, kommt es zum von der Kommune organisierten Bürgerentscheid, bei dem alle wahlberechtigten Bürger*innen über die Sachfrage abstimmen. Das Ergebnis der Abstimmung ist einem Ratsbeschluss gleichwertig.


== Wichtige Begrifflichkeiten ==
== Wichtige Begrifflichkeiten ==
Die rechtlichen Regelungen von Bürgerbegehren sind je nach Bundesland in der Gemeindeordnung, Kommunalverfassung, Kommunalverwaltungsgesetz, Bezirksverwaltungsgesetz oder sogar in einem speziellen Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (Thüringen) festgehalten. Dennoch ähneln sich die Regelungen vom Aufbau, sind relativ leicht verständlich und passen auf etwa 2 DIN-A4-Seiten. Begrifflichkeiten und Thematiken, die immer wieder auftauchen, werden hier kurz erklärt.
Die rechtlichen Regelungen von Bürgerbegehren sind je nach Bundesland in der Gemeindeordnung, Kommunalverfassung, Kommunalverwaltungsgesetz, Bezirksverwaltungsgesetz oder sogar in einem speziellen Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (Thüringen) festgehalten. Dennoch ähneln sich die Regelungen vom Aufbau, sind relativ leicht verständlich und passen auf etwa 2 DIN-A4-Seiten. Begrifflichkeiten und Thematiken, die immer wieder auftauchen, werden hier kurz erklärt.
=== Formelle und materielle Zulässigkeit ===
Bei einem Bürgerbegehren wird oft davon gesprochen, ob es zulässig ist, sprich der Entscheidung darüber durch die Gemeindevertretung zugängig ist.
Zu beachten ist, dass die Zulässigkeit erst erfüllt ist, wenn sowohl die [http://andreas-paust.de/wp-content/uploads/2015/07/arbeitshilfe.pdf formelle als auch die materielle Zulässigkeit] festgestellt worden ist. Formal zulässig ist ein Bürgerbegehren, wenn dafür die erforderliche Anzahl an Unterschriften innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingereicht worde ist und es allen formalen Vorgaben genügt (Anzahl Vertretungsberechtigte, Schriftform, etc.). Außerdem muss die Abstimmungsfrage eindeutig mit Ja oder Nein beantwortbar sein und eine (sinnvolle und wahrheitsgetreue) Begründung enthalten. Kniffliger ist die materielle Zulässigkeit: Die Frage muss der Entscheidungsbefugnis des Rates entsprechen, eine Entscheidung begehren, hinreichend bestimmt sein sowie ggf. eine Kostenschätzung und/oder Kostendeckungsvorschlag enthalten.


=== Themenausschluss ===
=== Themenausschluss ===
Bürgerbegehren ermöglichen die politische Mitbestimmung durch die Bürgerschaft, dürfen aber in bestimmte Handlungsbereiche der gewählten Gemeindevertretung nicht eingreifen. Daher gibt zu Beginn jeder Regelung nach der Festellung, dass nur über Angelegenheiten des kommunalen Wirkungskreises entschieden werden kann, einen Abschnitt mit nicht zugelassenen Themen. Diese umfassen meist den Haushalt, Personal, Abgaben, Verwaltungsorganisation und Aufgaben des Bürgermeisters. Aber auch Themen, zu denen es innerhalb der letzten 1-3 Jahre einen Bürgerentscheid gegeben hat, sind nicht zulässig.
Bürgerbegehren ermöglichen die politische Mitbestimmung durch die Bürgerschaft, dürfen aber in bestimmte Handlungsbereiche der gewählten Gemeindevertretung nicht eingreifen. Daher gibt zu Beginn jeder Regelung nach der Festellung, dass nur über Angelegenheiten des kommunalen Wirkungskreises (Entscheidungsbefugnis des Rates) entschieden werden kann, einen Abschnitt mit nicht zugelassenen Themen. Diese umfassen meist den Haushalt, Personal, Abgaben, Verwaltungsorganisation und Aufgaben des Bürgermeisters. Aber auch Themen, zu denen es innerhalb der letzten 1-3 Jahre einen Bürgerentscheid gegeben hat, sind nicht zulässig.
 
=== Bestimmtheitsgebot ===
Auch wenn es nicht in allen Regelungen derart explizit wie in Niedersachsen festgesetzt wird, gilt generell ein Bestimmtheitsgebot. Das heißt, die Frage muss mit Ja oder Nein beantwortet werden können und es ist eindeutig, was nach einem erfolgreichen Verfahren passiert. Die bloße Forderung nach der Klimaneutralität 2030 in einer Kommune wäre beispielsweise nicht bestimmt genug, da es unzählige Wege dorthin gäbe, zudem würde der Haushalt der folgenden Jahre in unbekanntem Maße belastet werden. Auch die Forderung nach der Erstellung <u>und</u> Umsetzung eines Klimaaktionsplans wäre unzulässig, da eine unterzeichnende Person noch nicht wissen kann, was die Umsetzung in dem zu erstellenden Klimaaktionsplan beinhalten wird. Die Forderung nach der Erstellung eines Klimaaktionsplans trägt mit dieser konkreten Fragestellung dem Bestimmtheitsgebot Rechnung, visiert dennoch das gewünschte Ziel an. Diese kreative Umschiffung impliziert zwar die Hoffnung, dass der Klimaaktionsplan im Anschluss auch vom Gemeinderat beschlossen wird, möglicherweise muss diese Umsetzung aber mit einem zweiten Bürgerbegehren eingefordert werden.<blockquote>
''"Das Bürgerbegehren muss die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann."''


kreativ, Missbrauch


=== Bestimmtheitsgebot ===
Auch wenn es nicht in allen Regelungen derart explizit wie in Niedersachsen festgesetzt wird, gilt ein Bestimmtheitsgebot. Das heißt<blockquote>
Das Bürgerbegehren muss die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann.


Niedersächsische Kommunalverfassung §32 (3)</blockquote>
Niedersächsische Kommunalverfassung §32 (3)</blockquote>
=== Begründung ===
Die Begründung ist Teil des Bürgerbegehrens, wird aber bei einem eventuellen Bürgerentscheid nicht abgedruckt. Daher hat sie offiziell lediglich einen informativen Charakter für die Unterschreibenden und die Gemeinde, warum die Initiative dieses Bürgerbegehren durchführt. Mittlerweile nimmt die Begründung nach Auffassung von Robert Hotstegs und den Expert*innen von Mehr Demokratie aber auch einen konkretisierenden Charakter ein und dient dem Bestimmtheitsanspruch, ohne die eigentliche Fragestellung zu überlasten.
=== Kostenschätzung und Kostendeckungsvorschlag ===
In manchen Bundesländern ist es notwendig, auf dem Bürgerbegehren eine Kostenschätzung aufzuführen, um den Unterschreibenden deutlich zu machen, welche finanziellen Folgen dieses Vorhaben hat. In den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein kann die Kostenschätzung durch die Verwaltung eingeholt werden.
In Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und im Saarland ist nicht nur eine Kostenschätzung durch die Initiator*innen des Bürgerbegehrens selbst notwendig, sondern auch ein Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag ist jedoch nicht Teil des Bürgerentscheids und damit [https://www.buergergesellschaft.de/praxishilfen/buergerbegehren-und-buergerentscheid/formale-und-praktische-voraussetzungen/kostendeckungsvorschlag/ nicht bindend].
=== Vertretungsberechtigte ===
Das Bürgerbegehren wird offiziell von bis zu drei Vertretungsberechtigten repräsentiert. Dies können Menschen des Teams sein, an die ggf. auch postalisch die Unterschriftenlisten gehen, und/oder aber auch wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der Kommune, die damit das Bürgerbegehren unterstützen.
Ob Vertretungsberechtigte auch minderjährig sein dürfen, geht aus den meisten Regelungen nicht hervor. Wenn man bei einem Bürgerbegehren unterschriftsberechtigt ist, sollte man aber auch vertretungsberechtigt sein.


=== Quorum ===
=== Quorum ===


Das Quorum bezeichnet die notwendige Anzahl an gültigen Unterschriften, die (ggf. innerhalb einer Frist) gesammelt und eingereicht werden muss. Dabei dürfen diese Unterschriften nur von Bürger*innen der Kommune geleistet werden, sprich den bei der Kommunalwahl berechtigten Wähler*innen. Wie groß der Prozentsatz der Bürger*innen ist, die für das Bürgerbegehren unterschreiben müssen, richtet sich jedoch i.d.R. nach der Einwohnerzahl der Kommune.
Die Erfahrung früherer Bürgerbegehren zeigt, dass mindestens 20% mehr Unterschriften als benötigt gesammelt werden sollten, da es immer zu Fehlern beim Ausfüllen kommen kann.
=== Fristen ===
Bei einem initiierenden Bürgerbegehren müssen die benötigten Unterschriften innerhalb von mindestens 3 Monaten (HB) gesammelt werden, üblich sind aber auch 6 Monate (SH) oder gar keine Frist (BY). Auch der Beginn einer eventuellen Frist wird unterschiedlich definiert: Diese kann mit Anzeige bei der Kommune (NI) beginnen oder nach Erhalt des Zulässigkeitsbescheid (BE) beginnen, aber auch durch Verjährung aller Unterschriften erfolgen, die früher als ein Jahr vor dem Zugang des Bürgerbegehrens bei dem Gemeindewahlleiter geleistet worden sind (BB).


Die Erfahrung früherer Bürgerbegehren zeigt, dass die Sammlung generell nicht länger als ein halbes Jahr dauern sollte, um die Motivation hoch zu halten und möglichst schnell zu einem Ergebnis zu kommen.


BB sind zweistufig, Entscheidungshoheit bei der Bürgerschaft, aufwendig/längerfristig
=== Kassierendes Bürgerbegehren ===
Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderates, spricht man von einem kassierenden oder kassatorischen Bürgerbegehren. Dies hat vor allem deutlich verkürzte Sammlungszeiten von 8 Wochen bis 3 Monaten zur Folge.


Die Erfahrung einiger Klimaentscheide-Teams (u.a. Halle, Aachen) zeigt, dass nach Einschätzung des Rechtsamt ein Bürgerbegehren nicht unbedingt direkt gegen einen Beschluss gerichtet sein muss, um als kassierend eingeordnet zu werden. Die Forderung nach der Erstellung eines ambitionierten Klimaaktionsplans zweifelt nach dieser Interpretation auch einen Beschluss zur Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts an. Liegt dieser mehr als drei Monate zurück und wird das Bürgerbegehren als kassierend eingeordnet, wäre die Frist automatisch verstrichen und das Bürgerbegehren damit unzulässig. Alternativ kann dann z.B. ein Einwohnerantrag gestellt werden, der nicht in allen Bundesländern einen kassierenden Charakter kennt.


BB sind zweistufig, Entscheidungshoheit bei der Bürgerschaft, aufwendig/längerfristig


=== Vorteile ===
=== Vorteile ===
Zeile 50: Zeile 74:


*Vertretungsberechtigte
*Vertretungsberechtigte
*Fristen
**  
**  



Version vom 5. Mai 2021, 10:17 Uhr

Schematischer Ablauf Bürgerbegehren und Bürgerentscheid

Das Bürgergehren ist das verbindlichste Instrument der direkten Demokratie Deutschlands auf kommunaler und Kreisebene. Als Antrag des Bürgerentscheids stellt es ein zweistufiges Verfahren dar, bei dem die Entscheidungshoheit bei der Bürgerschaft liegt. Bürgerbegehren existieren in allen Bundesländern, jedoch mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen.

Grundsätzliches Prinzip

Beim Bürgerbegehren wird mittels Unterschriftensammlung ein Antrag auf einen Bürgerentscheid zu einer bestimmten Sachfrage gestellt. Nicht jedes Thema ist zulässig und teilweise muss eine Kostenschätzung und/oder Kostenvoranschlag eingeholt werden. Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens wird (meist durch das Rechtsamt) nach Einreichung der erforderlichen Unterschriften geprüft, in manchen Bundesländern gibt es jedoch auch die Möglichkeit der inhaltlichen (materiellen) Vorabprüfung und/oder Beratungsanspruch durch die Verwaltung. Wurde das Bürgerbegehren für zulässig erklärt, hat der Gemeinderat die Option, es anzunehmen und umzusetzen. Wenn er dies nicht tut, kommt es zum von der Kommune organisierten Bürgerentscheid, bei dem alle wahlberechtigten Bürger*innen über die Sachfrage abstimmen. Das Ergebnis der Abstimmung ist einem Ratsbeschluss gleichwertig.

Wichtige Begrifflichkeiten

Die rechtlichen Regelungen von Bürgerbegehren sind je nach Bundesland in der Gemeindeordnung, Kommunalverfassung, Kommunalverwaltungsgesetz, Bezirksverwaltungsgesetz oder sogar in einem speziellen Gesetz über das Verfahren bei Einwohnerantrag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid (Thüringen) festgehalten. Dennoch ähneln sich die Regelungen vom Aufbau, sind relativ leicht verständlich und passen auf etwa 2 DIN-A4-Seiten. Begrifflichkeiten und Thematiken, die immer wieder auftauchen, werden hier kurz erklärt.

Formelle und materielle Zulässigkeit

Bei einem Bürgerbegehren wird oft davon gesprochen, ob es zulässig ist, sprich der Entscheidung darüber durch die Gemeindevertretung zugängig ist.

Zu beachten ist, dass die Zulässigkeit erst erfüllt ist, wenn sowohl die formelle als auch die materielle Zulässigkeit festgestellt worden ist. Formal zulässig ist ein Bürgerbegehren, wenn dafür die erforderliche Anzahl an Unterschriften innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingereicht worde ist und es allen formalen Vorgaben genügt (Anzahl Vertretungsberechtigte, Schriftform, etc.). Außerdem muss die Abstimmungsfrage eindeutig mit Ja oder Nein beantwortbar sein und eine (sinnvolle und wahrheitsgetreue) Begründung enthalten. Kniffliger ist die materielle Zulässigkeit: Die Frage muss der Entscheidungsbefugnis des Rates entsprechen, eine Entscheidung begehren, hinreichend bestimmt sein sowie ggf. eine Kostenschätzung und/oder Kostendeckungsvorschlag enthalten.

Themenausschluss

Bürgerbegehren ermöglichen die politische Mitbestimmung durch die Bürgerschaft, dürfen aber in bestimmte Handlungsbereiche der gewählten Gemeindevertretung nicht eingreifen. Daher gibt zu Beginn jeder Regelung nach der Festellung, dass nur über Angelegenheiten des kommunalen Wirkungskreises (Entscheidungsbefugnis des Rates) entschieden werden kann, einen Abschnitt mit nicht zugelassenen Themen. Diese umfassen meist den Haushalt, Personal, Abgaben, Verwaltungsorganisation und Aufgaben des Bürgermeisters. Aber auch Themen, zu denen es innerhalb der letzten 1-3 Jahre einen Bürgerentscheid gegeben hat, sind nicht zulässig.

Bestimmtheitsgebot

Auch wenn es nicht in allen Regelungen derart explizit wie in Niedersachsen festgesetzt wird, gilt generell ein Bestimmtheitsgebot. Das heißt, die Frage muss mit Ja oder Nein beantwortet werden können und es ist eindeutig, was nach einem erfolgreichen Verfahren passiert. Die bloße Forderung nach der Klimaneutralität 2030 in einer Kommune wäre beispielsweise nicht bestimmt genug, da es unzählige Wege dorthin gäbe, zudem würde der Haushalt der folgenden Jahre in unbekanntem Maße belastet werden. Auch die Forderung nach der Erstellung und Umsetzung eines Klimaaktionsplans wäre unzulässig, da eine unterzeichnende Person noch nicht wissen kann, was die Umsetzung in dem zu erstellenden Klimaaktionsplan beinhalten wird. Die Forderung nach der Erstellung eines Klimaaktionsplans trägt mit dieser konkreten Fragestellung dem Bestimmtheitsgebot Rechnung, visiert dennoch das gewünschte Ziel an. Diese kreative Umschiffung impliziert zwar die Hoffnung, dass der Klimaaktionsplan im Anschluss auch vom Gemeinderat beschlossen wird, möglicherweise muss diese Umsetzung aber mit einem zweiten Bürgerbegehren eingefordert werden.

"Das Bürgerbegehren muss die begehrte Sachentscheidung genau bezeichnen und so formuliert sein, dass für das Begehren mit Ja und gegen das Begehren mit Nein abgestimmt werden kann."


Niedersächsische Kommunalverfassung §32 (3)

Begründung

Die Begründung ist Teil des Bürgerbegehrens, wird aber bei einem eventuellen Bürgerentscheid nicht abgedruckt. Daher hat sie offiziell lediglich einen informativen Charakter für die Unterschreibenden und die Gemeinde, warum die Initiative dieses Bürgerbegehren durchführt. Mittlerweile nimmt die Begründung nach Auffassung von Robert Hotstegs und den Expert*innen von Mehr Demokratie aber auch einen konkretisierenden Charakter ein und dient dem Bestimmtheitsanspruch, ohne die eigentliche Fragestellung zu überlasten.

Kostenschätzung und Kostendeckungsvorschlag

In manchen Bundesländern ist es notwendig, auf dem Bürgerbegehren eine Kostenschätzung aufzuführen, um den Unterschreibenden deutlich zu machen, welche finanziellen Folgen dieses Vorhaben hat. In den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein kann die Kostenschätzung durch die Verwaltung eingeholt werden.

In Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und im Saarland ist nicht nur eine Kostenschätzung durch die Initiator*innen des Bürgerbegehrens selbst notwendig, sondern auch ein Kostendeckungsvorschlag zu machen. Der Kostendeckungsvorschlag ist jedoch nicht Teil des Bürgerentscheids und damit nicht bindend.

Vertretungsberechtigte

Das Bürgerbegehren wird offiziell von bis zu drei Vertretungsberechtigten repräsentiert. Dies können Menschen des Teams sein, an die ggf. auch postalisch die Unterschriftenlisten gehen, und/oder aber auch wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der Kommune, die damit das Bürgerbegehren unterstützen.

Ob Vertretungsberechtigte auch minderjährig sein dürfen, geht aus den meisten Regelungen nicht hervor. Wenn man bei einem Bürgerbegehren unterschriftsberechtigt ist, sollte man aber auch vertretungsberechtigt sein.

Quorum

Das Quorum bezeichnet die notwendige Anzahl an gültigen Unterschriften, die (ggf. innerhalb einer Frist) gesammelt und eingereicht werden muss. Dabei dürfen diese Unterschriften nur von Bürger*innen der Kommune geleistet werden, sprich den bei der Kommunalwahl berechtigten Wähler*innen. Wie groß der Prozentsatz der Bürger*innen ist, die für das Bürgerbegehren unterschreiben müssen, richtet sich jedoch i.d.R. nach der Einwohnerzahl der Kommune.

Die Erfahrung früherer Bürgerbegehren zeigt, dass mindestens 20% mehr Unterschriften als benötigt gesammelt werden sollten, da es immer zu Fehlern beim Ausfüllen kommen kann.

Fristen

Bei einem initiierenden Bürgerbegehren müssen die benötigten Unterschriften innerhalb von mindestens 3 Monaten (HB) gesammelt werden, üblich sind aber auch 6 Monate (SH) oder gar keine Frist (BY). Auch der Beginn einer eventuellen Frist wird unterschiedlich definiert: Diese kann mit Anzeige bei der Kommune (NI) beginnen oder nach Erhalt des Zulässigkeitsbescheid (BE) beginnen, aber auch durch Verjährung aller Unterschriften erfolgen, die früher als ein Jahr vor dem Zugang des Bürgerbegehrens bei dem Gemeindewahlleiter geleistet worden sind (BB).

Die Erfahrung früherer Bürgerbegehren zeigt, dass die Sammlung generell nicht länger als ein halbes Jahr dauern sollte, um die Motivation hoch zu halten und möglichst schnell zu einem Ergebnis zu kommen.

Kassierendes Bürgerbegehren

Richtet sich ein Bürgerbegehren gegen einen Beschluss des Gemeinderates, spricht man von einem kassierenden oder kassatorischen Bürgerbegehren. Dies hat vor allem deutlich verkürzte Sammlungszeiten von 8 Wochen bis 3 Monaten zur Folge.

Die Erfahrung einiger Klimaentscheide-Teams (u.a. Halle, Aachen) zeigt, dass nach Einschätzung des Rechtsamt ein Bürgerbegehren nicht unbedingt direkt gegen einen Beschluss gerichtet sein muss, um als kassierend eingeordnet zu werden. Die Forderung nach der Erstellung eines ambitionierten Klimaaktionsplans zweifelt nach dieser Interpretation auch einen Beschluss zur Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts an. Liegt dieser mehr als drei Monate zurück und wird das Bürgerbegehren als kassierend eingeordnet, wäre die Frist automatisch verstrichen und das Bürgerbegehren damit unzulässig. Alternativ kann dann z.B. ein Einwohnerantrag gestellt werden, der nicht in allen Bundesländern einen kassierenden Charakter kennt.

BB sind zweistufig, Entscheidungshoheit bei der Bürgerschaft, aufwendig/längerfristig

Vorteile

Entscheidungshoheit

Nachteile

zweistufig, weniger Themen zugängig, Kostenschätzung in manchen BL,


Ziel: Alle rechtlichen Infos bereitstellen, die für ein Bürgerbegehren und Bürgerentscheid relevant sind

Zielgruppe:
  • Interessierte Personen, künftige Teams und bereits bestehende Teams
Mögliche Inhalte:
  • Quorum
  • Kostenschätzung
  • Lokale, Bundeslandspezifische Unterschiede
  • Vertretungsberechtigte
  • Fristen

Bundeslandspezifische Regelungen

Hier soll mal eine Tabelle hin:

Bundesland Sammlungszeit
Niedersachsen

Rechtliche Fragen

  • Dürfen Vertreter*innen bei den Bürgerbegehren auch minderjährig sein? Die Frage ist (erstaunlicherweise) umstritten. Um auf Nummer sicher zu gehen: Wenn man bei einem Bürgerbegehren unterschriftsberechtigt ist, kann man auch Vertreter sein. Aber es spricht nichts dagegen, einen Posten zu schaffen, den ein*e Minderjährige*r ausfüllen kann, zum Beispiel Sprecher*in o.ä.

Beipiele

Mehr Informationen

Material