LocalZero:„Was wirkt – und was nicht?“ - Spannungen, Paradigmen und Kräfte im kommunalen Klimaschutz
💛Dies ist ein Protokoll einer Session vom Bundestreffen 2025💛
Vorankündigung/Teaser:
LocalZero-Teams haben in den letzten Jahren viel erreicht – von erfolgreichen Klimaentscheiden bis hin zu politischer Mitgestaltung. Inzwischen stehen viele Gruppen vor einer neuen Frage: Wie können wir heute, in veränderten Kontexten, weiterhin lokal wirksam sein?
In diesem Workshop öffnen wir gemeinsam einen Reflexionsraum: Was prägt die Bedingungen für kommunalen Klimaschutz vor Ort? Welche Spannungen erleben wir – zwischen Anspruch und Alltag, zwischen Gestaltungslust und strukturellen Hürden? Und welche Denklogiken – oft unbewusst – beeinflussen unser Handeln?
Mit einem partizipativen Mapping-Format und sogenannten Paradigmenkarten machen wir sichtbar, was bewegt, was blockiert – und was vielleicht als „unsichtbare Kraft“ im Hintergrund wirkt. Der Workshop ist Teil eines Forschungsprojekts, das den kommunalen Klimaschutz als dynamisches Feld untersucht – mit dem Ziel, die darin wirksamen Kräfte, Spannungen und Paradigmen besser zu verstehen und daraus handlungsrelevantes Wissen abzuleiten, das sowohl lokalen Klimaschutzteams in ihrer täglichen Praxis als auch übergeordneten Gestaltungsprozessen Orientierung bieten kann.
Willkommen sind alle, die Lust haben mitzudenken, zu deuten – und gemeinsam neue Bilder für Wirksamkeit zu entwerfen.
Sprecher:in:
Christoph Schösser, Doktorand an der Universität Kassel in der transdisziplinären Nachhaltigkeitsforschung mit Fokus auf lokalen Transformationsprozessen, kollaborativer Governance und neuen Wegen der Kokreation zwischen Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik.
Sein Forschungsprojekt ist aus der Praxis heraus entstanden: Über mehrere Jahre war er als kommunaler Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsmanager tätig – unter anderem in Essen und Witzenhausen – und hat später als Prozessbegleiter beim Institut für Partizipatives Gestalten GmbH Gestaltungs- und Transformationsprozesse in Kommunen, Verwaltungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen begleitet.
Heute möchte er dieses implizite Praxiswissen im Rahmen seiner Forschung explizit machen – und gemeinsam mit dem Netzwerk Local Zero das Feld des kommunalen Klimaschutzes genauer untersuchen: Wie kann die Zusammenarbeit zwischen lokalen Akteur:innen so gestaltet werden, dass sie wirklich trägt, Resonanz entfaltet – und lokale Wirksamkeit ermöglicht? Im Zentrum steht dabei nicht nur, was getan wird – sondern wie.
Präsentation / Hand-Out / Skript
Hier gehts zur Präsentation
Zusammenfassung:
Workshop „Was wirkt – und was nicht?“ (LocalZero-Bundestreffen, Herbst 2025)
Der Workshop im Rahmen des LocalZero-Bundestreffens im Herbst 2025 widmete sich einer grundlegenden Frage:
Was bedeutet lokale Wirksamkeit heute – und wodurch wird sie gestärkt oder geschwächt?
In den letzten Jahren und in Vorbereitung des Workshops berichteten viele Engagierte aus den Lokalgruppen, dass sie trotz großer Einsatzbereitschaft, guter Ideen und sichtbarer Projekte manchmal das Gefühl haben, nicht wirklich etwas zu bewegen.
Der Workshop bot Raum, diese Erfahrungen gemeinsam zu reflektieren und tiefer zu verstehen.
Mit Hilfe eines Feld-Mappings und begleitender Reflexionsmethoden (Steckbriefe, Check-ins und Check-outs) machten die Teilnehmenden sichtbar, welche Kräfte, Akteur:innen und Bedingungen auf ihre lokale Arbeit einwirken.
Auf großen Karten entstanden vielschichtige Bilder: Verwaltung, Politik, Öffentlichkeit, Ehrenamt, Ressourcen, Emotionen – all das, was im kommunalen Alltag Einfluss nimmt.
Im Austausch zeigten sich Muster, die in unterschiedlichen Städten ähnlich erlebt werden: wiederkehrende Spannungen, die lokale Klimaschutzarbeit prägen und Wirksamkeit zugleich ermöglichen und behindern.
Drei Spannungsachsen lokaler Klimaschutzpraxis
1. Kontrolle ↔ Resonanz
Diese Achse beschreibt die Spannung zwischen einer instrumentellen Steuerungslogik und einer relationalen Resonanzlogik.
Im Feld treffen zwei kulturelle Denkweisen aufeinander:
- Kontrolle: Planung, Zielvorgaben, Verfahren und Nachweislogiken; sie geben Struktur und Sicherheit.
- Resonanz: Vertrauen, Beziehung, dialogische Offenheit; sie erzeugen Sinn und Motivation.
In der Praxis zeigte sich, dass viele Engagierte Frustration über Kontrollmechanismen und Bürokratie äußern, zugleich aber Orientierung durch klare Strukturen schätzen.
Momente echter Wirksamkeit wurden fast immer als Resonanzmomente beschrieben – wenn Zusammenarbeit gelang, Dialog entstand oder Anerkennung spürbar wurde.
Lokale Wirksamkeit entsteht dort, wo Kontrolle und Resonanz sich nicht ausschließen, sondern ergänzen – wo Strukturen Orientierung geben, ohne Beziehung zu ersticken.
2. Harmonisierung ↔ Fragmentierung
Diese Achse beschreibt den Umgang mit Vielfalt und Differenz im Netzwerk.
- Harmonisierung steht für den Wunsch nach Einheit, gemeinsamer Linie und klarer Identität.
- Fragmentierung beschreibt die Realität unterschiedlicher Perspektiven, Arbeitsweisen und Verständnisse.
Im LocalZero-Netzwerk wurde sichtbar, dass es viele unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, was „Wirkung“ eigentlich bedeutet – politische Erfolge, soziale Prozesse, kultureller Wandel, Bewusstseinsveränderung.
Diese Vielstimmigkeit ist herausfordernd, aber zugleich Quelle von Kreativität und Lernfähigkeit.
Transformation braucht beides: das verbindende Ziel und die Offenheit für Vielfalt.
Die Kunst liegt darin, Unterschiede nicht zu glätten, sondern produktiv zu halten – genau das soll in der nächsten Phase praktisch erprobt werden.
3. Verwaltung ↔ Bewegung
Diese Achse markiert die institutionelle Spannung zwischen Stabilität und Wandel.
- Verwaltung steht für Verlässlichkeit, Verfahren, Zuständigkeit.
- Bewegung steht für Dynamik, Dringlichkeit und Experiment.
Engagierte erleben häufig, dass Verwaltung zu langsam oder formal agiert, während Verwaltungsakteure zivilgesellschaftliche Bewegungen als ungeduldig empfinden.
Und doch: Dort, wo beide Seiten in Resonanz treten – etwa in Kooperationsprojekten oder gemeinsamen Lernräumen – entstehen Laborräume für neue Formen von Governance.
Lokaler Klimaschutz gelingt dort, wo Ordnung und Bewegung aufeinander hören lernen.
Wie diese Resonanz praktisch gestaltet werden kann, ist eine der Kernfragen der weiteren Zusammenarbeit.
Was wir daraus gelernt haben
Die drei Achsen zeigen, dass Spannungen kein Hindernis, sondern der eigentliche Handlungsraum lokaler Transformation sind.
Sie machen sichtbar, dass Wirksamkeit nicht nur von Ressourcen oder Strategien abhängt, sondern davon, wie gut ein Feld seine Gegensätze halten und gestalten kann.
Spannungen können produktiv werden – wenn sie wahrgenommen, reflektiert und als Gestaltungspotenzial verstanden werden.
Genau diese Hypothese (mit Unterhypothesen) wird in der nächsten Phase praktisch erprobt.
Wie es weitergeht
Die Erkenntnisse aus dem Workshop bilden den Ausgangspunkt für die nächste Phase der Zusammenarbeit zwischen LocalZero und der Forschung.
In drei ausgewählten Kommunen sollen die identifizierten Spannungsachsen gezielt weiterverfolgt und neue Formen lokaler Wirksamkeit entwickelt werden.
Gemeinsam mit lokalen Teams werden Formate, Werkzeuge und kleine Prototypen entworfen, die helfen, Resonanz, Vertrauen und Lernfähigkeit zu stärken – etwa durch neue Dialogräume, experimentelle Beteiligungsformate oder Resonanz-Checks.
Diese werden anschließend pilotartig getestet und ausgewertet, um zu verstehen, wann und wie Spannungen produktiv werden können.
Mitmachen
Für diese nächste Phase suchen wir engagierte LocalZero-Gruppen, die Lust haben, gemeinsam neue Wege lokaler Wirksamkeit zu gestalten. Dies erfolgt weiterhin in Zusammenarbeit mit Christoph Schösser von der Universität Kassel.
Ziel ist, euer Praxiswissen einzubringen, neue Ansätze zu entwerfen und sie direkt vor Ort zu erproben.
Wer Interesse hat, kann sich gern melden – ich komme vorbei, und wir entwickeln gemeinsam Formate, Tools oder kleine Experimente, die lokale Wirksamkeit erfahrbar machen.
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Weiterführende Links:
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